Die Debatte um Verweigerung der Landesregierung zur Einrichtung einer Schiedsstelle für Schäden durch die Braunkohleförderung in der Lausitz reißt nicht ab. Am Donnerstagabend trafen sich über 60 Betroffene aus Welzow und Umgebung zu einem Fachpodium im Proschimer Kulturhaus. „Eine Frechheit, wie mit uns umgegangen wird“, waren noch die harmlosesten Worte auf der Veranstaltung. „Die Stimmung ist auf dem Siedepunkt“, sagte Petra Franz, Vorsitzende des Netzwerkes Bergbaugeschädigter in der Lausitzer Braunkohleregion. Seit nunmehr über vier Jahren verweigert die Landesregierung die Schaffung einer Schlichtungsstelle, trotz eines Beschlusses des Brandenburger Landesparlamentes im Jahr 2013.
Über eine Anwaltskanzlei fordert der Bergbaubetreiber Vattenfall in einem Schreiben ein Gericht in Cottbus auf, einem mittellosen Betroffenen von Bergbauschäden die Zahlung von Prozesskostenhilfe zu verweigern. Die Anwälte von Vattenfall begründen ihre Forderung damit, dass die beabsichtigte Klage keinerlei Aussicht auf Erfolg hat. Im gleichen Schreiben fordert Vattenfall das Gericht auf, eine mögliche Klage des Betroffenen abzuweisen und die Kosten dafür auf ihn abzuwälzen.
Seit nunmehr über drei Jahren verweigert die Landesregierung die Schaffung einer Schlichtungsstelle für Bergbauschäden durch die Braunkohleförderung. Rot-rot plädiert stattdessen dafür, weiterhin Gespräche mit dem Bund, wie ein am Mittwoch bekannt gewordener Antrag der Regierungskoalition von SPD und Linkspartei ergab. In einer Debatte am Freitag im Potsdamer Landtag werden die Freien Wähler, wie auch die Grünen wiederholt für Schaffung einer Schiedsstelle fordern. "Der Wirtschaftsminister hatte bereits 2014 angekündigt, dass er sich um die offenen Fragen der Schlichtungsstelle kümmern werde", stellt Hannelore Wodtke, Vorstandsmitglied des Netzwerkes Bergbaugeschädigter in der Lausitzer Braunkohleregion fest. "Es ist eine Frechheit, dass die Betroffenen wieder einmal nur mit warmen Worten vertröstet werden. Dass sich die Regierung in Potsdam hinter dem Bund versteckt, ist einfach nur schäbig".
Das Netzwerk Bergbaugeschädigter e. V. der Lausitzer Braunkohleregion kritisierte die Verschleppungstaktik bei der Einrichtung einer Schiedsstelle für Bergbaubetroffene. "Trotz vollmundigen Versprechen werden die Betroffenen immer noch im Regen stehen gelassen", kritisierte Netzwerk-Vorstandsmitglied Hannelore Wodtke (Welzow) auf der Konferenz des BUND-Sachsen "Unsere Lausitz - unsere Kohle" am Sonnabend in Weißwasser/Oberlausitz (Landkreis Görlitz). Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) wollte ursprünglich bis zum Beginn des Sommers eine Schiedsstelle auf dem Weg bringen.
Bei einer Anhörung am Mittwoch im Bundestag forderten zahlreiche Sachverständige im Wirtschaftsausschuss Änderungen bei der von der Bundesregierung geplanten Novellierung des Bundesbergrechts. Trotz der Expertenkritik will die von SPD und CDU geführte Bundesregierung die sogenannte Beweislastumkehr nicht für Tagebaue einführen. Derzeit müssen Geschädigte den Bergbaubetreiber beweisen, dass sie die Schäden verursacht haben, was oft nicht möglich ist. Laut einem aktuellen Gesetzesentwurf soll die Beweislastumkehr nur für Betroffene aus Regionen mit Erdgas- und Ölförderung erweitert werden.
"Es ist ein Skandal erster Güte, dass die Bundesregierung die Betroffenen derart im Regen stehen lässt", sagte die Sprecherin des Netzwerks Bergbaugeschädigten in der Lausitzer Bergbauregion Petra Franz aus Neupetershain (Oberspreewald-Lausitz). In Brandenburg gibt es derzeit keinerlei Hilfe für die Betroffenen, die häufig einem Kampf wie David gegen Goliath ausgesetzt sind. Für den Lausitzer Interessensverband besteht dabei immenser Handlungsbedarf. So gingen allein bei Vattenfall in der Lausitz seit dem Jahr 2000 rund 4000 Schadensanträge ein, von denen nur etwa die Hälfte anerkannt wurde. Ähnlich sieht es beim Bergbausanierer LMBV (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft mbH) aus, der für die alten DDR-Tagebaue zuständig ist. Dort wurden von 4300 Anträgen etwa 1700 abgelehnt.
Grundgesetz - Artikel 1
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.